Zufallsfunde von Personen aus Ostpreußen
Definition: Zufallsfund
Da der Begriff Zufallsfund nicht eindeutig in unserem Sprachgebrauch verwendet wird, wird zunächst eine Abgrenzung des hier gemeinten Begriffs formuliert.
Das Portal Ahnenspren beschäftigt sich mit der Ahnenforschung in Ostpreußen. Dazu werden die Quellen, die sich direkt auf die Provinz Ostpreußen beziehen herangezogen als primäre Quellen. Zufallsfunde dagegen sind eher als tertiäre Quellen zu bezeichnen.
Ostpreußen waren aber ab der Mitte des 19. Jahrhunderts oftmals Emigranten und suchten in anderen Regionen des Deutschen Reiches, aber auch anderswo in der Welt, Arbeit. Die Verhältnisse in Ostpreußen waren oft sehr ärmlich und die Chance auf Arbeit in der vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Region rar. Außerdem spielte auch das Erbrecht eine große Rolle, so dass in der Regel nur der erstgeborene Sohn Anspruch auf das Erbe vom Vater hatte. Die anderen Geschwister mussten selbst Arbeit finden oder wurden quasi zu Bedienstete des Erstgeborenen.
Hierdurch gab es viele ostpreußische Auswanderer, die in der Fremde lebten und dort oftmals eine neue Familie gründeten. Wenn nun eine ostpreußische Person in der Fremde heiratete, wurde mit Beginn der Personenstandsregister im Oktober 1874 deren Daten und die der Eltern urkundlich festgehalten. Eine wichtige sekundäre Quelle.
Hier setzt nun der Begriff des Zufallsfundes, wie er hier verwendet wird, an. In einer sekundären oder Quelle außerhalb von Ostpreußen sind genealogisch relevante Daten zu ostpreußischen Personen festgehalten, die als Ersatz für fehlende Primärquellen dienen können bzw. Zwischenlücken füllen können. Außerdem ist oftmals der Wegzug aus Ostpreußen oder auch innerhalb Ostpreußens in ein anderes Kirchspiel oder Standesamtsbezirk nicht bekannt, so dass hier deutlich wird, warum dies als Zufallsfund bezeichnet wird.
Bedeutung von Zufallsfunden in der Genealogie
Durch die vorhergehende Erläuterung wird klar, wie wichtig Zufallsfunde für die Ahnenforschung und insbesondere für Ostpreußen sind. Gerade in Ostpreußen sind durch die beiden Weltkriege sehr viele amtliche und kirchliche Quellen zerstört oder zum Teil unbekannt verschleppt oder deportiert worden.
Ostpreußische Ahnenforschung gleicht oftmals einem Puzzlespiel, in dem einzelne Bausteine oder Mosaiken, mühsam gefunden und dann korrekt zusammengesetzt werden müssen. Oft vergleicht man es nach der Suche einer Stecknadel im Heuhaufen.
Systematische Forschung zu ostpreußischen Zufallsfunden
Seit Sommer 2022 hat sich das Portal Ahnenspuren einer systematischen Erschließung von Zufallsfunden angenommen, welches eine wahre Mammutaufgabe ist. Helfer und Helferinnen in einer aktiven Mitgliedschaft sind willkommen und können helfen, die Quellen schneller zu erschließen.
Zunächst sollen die online verfügbaren Digitalisate an Heiratsregistern nach Ostpreußen durchsucht und katalogisiert werden. Anschließend erfolgt die erste Erfassung nach Geburtsort und Geburtkreis für eine statistische Auswertung der Heiratenden, so dass eine mögliche Schwerpunktlegung von ostpreußischen Kreisen in die einzelnen Migranten-Gebiete ermittelt werden kann.
In der zweiten Phase werden die ermittelten Heiratsurkunden transkribiert, so dass die Eltern der Heiratenden und Geburtsdatum und -ort vorliegen, sowie weitere Informationen, die in der Urkunde festgehalten wurden. Diese Daten werden dann in die Adressdatenbank des Portal Ahnenspuren und später auch in den Stammbaum der ostpreußischen Familien-Genealogie-Seiten (OFGS) übertragen, so dass weitere Such- und Verknüpfungsmöglichkeiten angeboten werden können. Bis dahin ist es jedoch ein langer Weg und erfordert viel Ausdauer und Fleiß.
Aufnahme der 5 westpreußischen Kreise, die mit dem Versailler Vertrag 1920 Ostpreußen zugeschlagen wurden
Die Kreise Elbing (mit Stadt), Marienburg, Marienwerder, Rosenberg und Stuhm werden bei diesem Forschungsprojekt mit berücksichtigt. Der Grund dafür liegt in der historischen Bedeutung dieser Kreise für Ostpreußen nach dem 1. Weltkrieg. Diese Bevölkerungsgruppe hat mehrheitlich an der Volksabstimmung Ostpreußens im Jahre 1920 teilgenommen.
In der ersten Analysephase konnte dabei auch festgestellt werden, dass aus diesen Kreisen überproportional mehr Personen emigrierten als aus den anderen westpreußischen Kreisen. Alllerdings kann dies statistisch nicht fundiert belegt werden, da die anderen Kreise nur bei der Erfassung gesichtet wurden, nicht aber auch schriftlich erfasst wurden. Dies hätte den Umfang der Arbeiten um mindestens 50% erhöht und steht nicht im Fokus des Portal Ahnenspuren, welches sich auf die ostpreußischen Kreise bezieht. Außerdem sind viele Ortsnamen von Westpreußen nicht so präsent.
Die erst 1939 bis 1945 Ostpreußen zugeschlagenen Kreise werden gar nicht berücksichtigt, da diese für die Geschichte Ostpreußens und dessen Bevölkerung praktisch keine tragende Rolle spielen.
Einschränkung der Forschungsgebiete
Damit das Projekt auch erste Ergebnisse und Erfolge in einem überschaubaren Zeitraum erzielen kann, werden nur wenige ausgewählte Gebiete aus dem ehemaligen Deutschen Kaiserreich (seit 1871) ausgewählt, in die viele Ostpreußen als Migranten zogen. Allerdings sprechen wir hier auch von einigen Jahren.
Die Gebiete sind:
- Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen (mit erstem Schwerpunkt auf Ost-Westfalen-Lippe um Dortmund, Bochum und Gelsenkirchen),
- Berlin,
- Hamburg,
- Hessen (aus Gründen der guten Online-Quellenlage der zugehörigen Personenstandsregister und persönlichen Gründen - LOW Landesgruppe Hessen)
Je nach Mitarbeit durch aktive Mitglieder und Änderungen in der Quellenlage kann die eine oder andere Region hinzukommen oder detailliert werden, wie dies für Ost-Westfalen-Lippe der Fall sein wird.
Die erste Phase des Projekts konzentriert sich in jedem Fall auf Ost-Westfalen-Lippe. Hier sind bereits sehr viele Urkunden ermittelt und in der ersten Erfassung der Geburtsorte weit über 10.000 Ostpreußen enthalten. Informationen hierzu sind den Mitgliedern des Portal Ahnenspuren vorbehalten.
Die Transkription der Namen ist noch nicht gestartet. Hier werden insbesondere Helferinnen und Helfer gesucht, die sich zutrauen, Urkunden zu transkribieren. Da schon die Orte und Kreis transkribiert sind, hilft dies auch um die weitern Namen leichter zu transkribieren. Außerdem gibt es hierzu immer fachkundige Unterstützung durch die Leitung des Portal Ahnenspuren. Kontaktieren Sie uns bei Interesse gerne über das Kontaktformular.
Hürden bei der Ermittlung von Zufallsfunden
Auch wenn durch die systematische und flächendeckende Einführung der Personenstandsregister im Deutschen Reich seit Oktober 1874 ein wichtiges Fundament auch für die Ahnenforschung geschaffen wurde, so ist nicht alles so ideal, wie man es sich allgemeinhin vorstellt.
Auf manchen Standesämtern hat der Standesbeamte nur den Geburtsort ohne Angabe des zugehörigen Kreises eingetragen, so dass normalerweise nur bei Kenntnis von ostpreußischen Ortsnamen die mögliche Abstammung von Ostpreußen ermittelt werden kann. Zudem kommt hierbei die Problematik hinzu, dass es Orte gleichen Namens auch in anderen Provinzen des Deutschen Reiches im 19. Jahrhundert und beginnendes 20. Jahrhundert gegeben hat. Es wurde und wird aber dennoch versucht, auch diese in der ersten Sammlung zu erfassen. Manchmal hilft die Ortsangabe bei den Elternteilen. In anderen Fällen wird auch der Nachname zu Rate gezogen.
Natürlich kann es dabei passieren, dass welche aufgenommen wurden, die gar nicht aus Ostpreußen stammen oder wegfielen, weil der Ortsname nicht Ostpreußen zugeordnet wurde. Im ersteren Fall werden die entsprechenden Datensätze als unsicher gekennzeichnet.
Ein weiterer Aspekt ist, dass Orts- und Kreisnamen oft nicht korrekt wiedergegeben wurden, oder dass anstelle des Kreises das Kirchspiel versehentlich als Kreis aufgefasst wurde. Hier sind für die Ermittlung der Funde gute Kenntnisse zu Ostpreußen notwendig. Natürlich kann auch das Ortsregister des Portal Ahnenspuren für die Ermittlung herangezogen werden und hat schon oftmals gute Dienste bei unterschiedlichen Schreibweisen geliefert.
Als Beispiel seien hier nur drei Beispiele genannt:
- Der Ort Ganshorn kommt im Kreis Osterode zweimal vor. Die offizielle Schreibweise berücksichtigt dies mit "Ganshorn bei Gilgenburg" und "Ganshorn bei Hohenstein". Dies wurde aber vom Standesbeamten bei den bisherigen Ermittlungen nie umgesetzt, so dass ein Puzzleteil, welcher Ort in Osterode gemeint ist, noch offen bleibt. Evtl. hilft der Wohnort der Eltern. Ansonsten werden die Primärquellen in Osterode noch benötigt.
- Der Ort und das Kirchspiel Willenberg im Kreis Ortelsburg. Einen Ort Willenberg gibt es in Ostpreußen und im westpreußischen Marienburg mehrmals. In den meisten Fällen ist der Ort in Ortelsburg gemeint, ohne Angabe des Kreises ist es allerdings nur eine erste Vermutung. Hier sind weitere unsichere Fakten und Daten heranzuziehen. Eine spätere Korrektur ist evtl. notwendig.
In manchen Fällen wurde als Kreis Willenberg aufgeführt. Nach Prüfung des Ortes über das Ortsregister festgestellt werden, dass der Ort zum entsprechenden Kirchspiel Willenberg. Solche Beispiele finden sich auch für einige andere Kirchspiele. Es sind also noch ein paar weitere Kenntnis zur Geografie in Ostpreußen notwendig. - Sehr selten kommt es vor, dass anstelle des Kreises der Regierungsbezirk angegeben wurde, aber als Kreis bezeichnet wird. Hier hilft ebenso das Ortsregister.
Ursprungsidee für dieses Projekt
Die erste Idee für dieses Projekt war schon 2015 als die ersten Digitalisate zu den Berliner Heiratsregistern erschienen. Bei einzelnen Recherchen wurden viele Ostpreußen in Berlin gefunden. Da zu der Zeit aber viele andere Projekte mit höherer Priorität in Bearbeitung waren, wurde die Idee nicht weiter verfolgt.
In 2022 nach Abschluß der Umbauarbeiten des Portal auf neueste Internet-Technologien und -Anforderungen konnte diese Idee wieder aufgegriffen werden. Sie wurde durch zwei wichtige Aspekte noch verstärkt.
Zum Einen durch die Veröffentlichung der Digitalisate zu den Heiraten in Ost-Westfalen-Lippe für den Zeitaum vom 1874 bis 1899 beim Landesarchiv Detmold, welches einen Großteil des Ruhrgebietes abdeckt.
Zum Anderen die von Andreas Kossert zusammengefassten historischen Erkenntnisse zur Migration der Masuren im Ruhrgebiet, mit den Schwerpunkten an den Zechen von Gelsenkirchen, Bochum, Wattenscheid und Wanne-Eickel, sowie Essen (Gebiet Rheinland). (Anmerkung der Redaktion: Die Bücher von Andreas Kossert über Ostpreußen und insbesondere Masuren sind sehr empfehlenswert, um den historischen Hintergrund zu beleuchten)
A. Kossert schreibt u.a. auch, dass um 1908 geschätzte 180.000 Masuren im Ruhrgebiet lebten. Die Bevölkerung in Ostpreußen wuchs in der Zeit von 1871 bis zum 1. Weltkrieg viel langsamer als im Rest des Deutschen Reiches, geboren wurde aber viel mehr in Ostpreußen. Statistische Informationen hierzu lassen sich im Portal Ahnenspuren auch finden. Diese sind aber noch nicht zusammenfassend aufbereitet worden und liegen verstreut, vor allem im Bereich des Königsberger Kirchenkonsistoriums zu finden sowie in den aufbereiteten Daten zu den Gemeindeverzeichnissen zwischen 1873 und 1925, welche über das Ortsregister zu finden sind.
A. Kossert schreibt, dass Schätzungen zufolge ein Drittel der Masuren zu Beginn des 1. Weltkrieges im Ruhrgebiet lebten und nicht mehr in Ostpreußen. Historisch gesehen spielte dies für die Volksabstimmung 1920, ob Masuren polnisch werden sollte oder bei Ostpreußen verbleiben sollte, eine besondere Rolle, da mehr als 100.000 Masuren aus dem Ruhrgebiet an der Abstimmung teilnehmen durften.
Inhaltspezifische Aktionen